Für Ornithologen ist es eine kleine Sensation: im beschaulichen Caputh südlich von Potsdam hält sich seit einigen Wochen ein Drosseluferläufer auf. Vermutlich wurde das Jungtier bei starken Winden abgetrieben und erreichte so über den Atlantik das europäische Festland. Heimisch ist die Art eigentlich auf den amerikanischen Kontinenten.
Zahlreiche (Hobby-)Ornithologen nahmen die Chance in den vergangenen Tagen wahr, um den nur rund 18cm kleinen Schnepfenvogel beobachten zu können, auch die lokale Presse berichtete. Von seinem heimischen Verwandten, dem Flussuferläufer, fällt der Drosseluferläufer insbesondere durch seine Punktierung an Brust, Bauch und Flanken auf, die an eine Drossel erinnert.
Kämpfer gegen den Wind
Ich selbst wartete eine ganze Weile mit meinem Besuch, um die Zahl der interessierten Ornithos etwas abebben zu lassen. Gleichzeitig wollte ich auch unbedingt einen Tag finden, der wenigstens einige Sonnenstrahlen ermöglichte, selbst wenn dieser Winde mit sich brachte.
Vor Ort angekommen übersah ich das Tier zuerst fast. Auch wenn ich mir der Größe bewusst war, wirkt der Drosseluferläufer im Vergleich etwa zu Sandregenpfeifern noch mal kleiner, weil er meist schmaler, weniger rundlich daherkommt. Die ersten Minuten bestanden darin, ihn dabei zu beobachten, wie er dem kalten Wind trotzte, um auf Futtersuche zu gehen.
Entspannter Gast mit großem Hunger
Überhaupt zeigte sich der Vogel recht unbeeindruckt von meiner Anwesenheit. Immer wieder kam er schnurstracks auf mich zu, vorausgesetzt, er sah eine Chance für sich, auf dem Weg Insekten aus Steinen zu picken oder Regenwürmer aus dem feuchten Untergrund zu ziehen. Erst weniger Meter vor mir machte er Halt, schaute etwas ungläubig, und flog in kleinem Bogen um mich herum.
Drosseluferläufer: Baden im Winter
Ebenso entspannt verhielt er sich, wenn Hunde an der angrenzenden Promenade vorbeiliefen. Stundenlang durfte ich den kleinen Wanderer so beobachten, bis er schlussendlich gar ins Wasser ging, um sich im kalten brandenburgischen See ein Bad zu können und anschließend in aller Seelenruhe zu putzen.
Wie es mit dem kleinen Drosseluferläufer weitergeht ist unklar. Einen Artgenossen wird er hier nicht finden können, und nach meinem Wissen sind Hybridisierungen mit Flussuferläufern nicht bekannt. Die Suche nach einem Partner könnte er rein instinktiv Richtung Frühling dennoch starten, und so das Caputher Idyll hinter sich lassen. Ich werde das weiter beobachten – und freue mich, über den wundervollen Wintermorgen, den ich dank ihm in Caputh verbringen durfte.
2 Antworten auf „Auf Abwegen: Ein Drosseluferläufer zu Gast in Brandenburg“
Schon wieder was Besonderes. Schön!
Lieber Simon,
grossartige Fotos von dem seltenen Gast!
Besonders gefallen mir die kühleren und Bade-Szenen in schönsten Farben.
Und sehr feines und gelungenes Schärfe-Unschärfe-Spiel.
Lieben Gruss, Andrea